Menschen
Möchte man Internetauftritte in Kategorien einteilen, so ist wohl eine Kategorie jedenfalls für Websites vorzusehen, auf denen sich Menschen vorstellen bzw auf denen über Menschen berichtet wird. Dies gilt freilich nicht nur für einzelne Personen, sondern natürlich auch für Personengruppen. Darüber hinaus finden Sie hier Einträge von Seiten, die sich direkt mit Menschen beschäftigen (zB Familienaufstellung, Baby-Vornamen, usw). Es spielt dabei keine Rolle, ob die jeweilige Person berühmt ist oder nicht und so ist dieser Text auch an alle jene gerichtet, die einfach über sich selbst berichten wollen. Wenn auch Sie möchten, dass Ihre Website sich in der Kategorie Menschen findet, können Sie diese ganz einfach anmelden, indem Sie am Seitenende auf "Seite anmelden" klicken und den Eintrag Ihrer Präsentation vornehmen.
Der Mensch bei Rousseau
Ausgangspunkt des Rousseau’schen Denkens ist die Abscheu vor der etablierten Kultur und Gesellschaft seiner Zeit. Er stellt fest, dass die in Gesellschaft lebenden Menschen böse und eitel sind. Durch aufeinandertreffende unterschiedliche Interessen werden sie dazu verleitet, ihre wahren Absichten voreinander zu verbergen. „Die Menschen sind böse; eine traurige und fortdauernde Erfahrung erübrigt den Beweis; jedoch, der Mensch ist von Natur aus gut, ich glaube, es nachgewiesen zu haben; […] Man bewundere die menschliche Gesellschaft soviel man will, es wird deshalb nicht weniger wahr sein, dass sie die Menschen notwendiger Weise dazu bringt, sich in dem Maße zu hassen, in dem ihre Interessen sich kreuzen, außerdem sich wechselseitig scheinbare Dienste zu erweisen und in Wirklichkeit sich alle vorstellbaren Übel zuzufügen“ (Zweiter Diskurs, Anmerkung IX). Rousseau kritisiert nicht nur die Gesellschaft seiner Zeit, sondern die Vergesellschaftung des Menschen schlechthin. Damit steht er im starken Gegensatz zum Denken seiner Zeit: Seine Theorien wurden von den Vertretern der christlichen Kirchen sowie auch von vielen Denkern der Aufklärung abgelehnt. Die christlichen Kirchen hielten die Idee des edlen Wilden für abwegig; der Mensch war für sie durch die Erbsünde belastet. Die Aufklärer schließlich betrachteten die Menschen als vernunftbegabt, lern- und gesellschaftsfähig. Wenn jedoch der Mensch ein gemeinschaftsfähiges Wesen (griechisch: zoon politikon) wäre, wie auch Aristoteles von Stagira behauptete, dann sollte gemäß Rousseau eigentlich überall freudvolle Harmonie herrschen. Da das nicht der Fall ist – die Menschen hassen, betrügen, verleugnen, belügen und morden – schließt er, dass der Mensch von Natur aus ein ungeselliges Wesen und nur außerhalb der Gesellschaft „gut“ ist. Diese These projiziert er nun mittels der genetischen Methode an ihren logischen und zeitlichen Anfang und gelangt so zum Begriff Naturzustand. Im hypothetischen Naturzustand ist der einzige Trieb des Menschen die Selbstliebe (amour de soi). Sie gebietet ihm: "Sorge für dein Wohl mit dem geringstmöglichen Schaden für die anderen." (Zweiter Diskurs) Neben der Selbstliebe kennt der Naturmensch das Mitleid (pitié), ein Gattungsgefühl, das nach Rousseaus Überzeugung auch die Tiere kennen. Alle anderen Fähigkeiten des Menschen ruhen noch, also die Vernunft, die Einbildungskraft und das Gewissen. Der Mensch ähnelt im Naturzustand einem wilden Tier, welches nur um sich selbst kreist. Sein Gutsein ist keine Bravheit im moralischen Sinne, sondern eher im Sinne von „naturgehorchend“. Auf Grund äußerer Umstände, etwa Naturkatastrophen, wird er jedoch dazu gezwungen, sich mit anderen Gattungsexemplaren zusammenzutun. So entstehen Kultur und Gesellschaft und das Böse tritt in die Welt. Von großer Bedeutung ist die Einbildungskraft, mittels derer das Individuum aus seinem urwüchsig-narzisstischen Schlummer erwacht und sich in andere Wesen hineinversetzen kann. Sie ermöglicht aber auch den Vergleich der Individuen untereinander. Dadurch kann die Selbstliebe (amour de soi) in die böse Eigenliebe (amour propre) umschlagen: Der Mensch sieht sich nun nur noch mit den Augen der anderen. Er möchte als leidenschaftlicher Rangkämpfer immer den ersten Platz einnehmen. Darüber hinaus verspürt er den drängenden Wunsch, dass die Nebenmenschen ihn sich selbst vorziehen. Dies ist jedoch schwer möglich, da auch alle anderen Menschen von der Eigenliebe angetrieben werden. So kommt es dazu, dass die Menschen ihre wahren Absichten verbergen. Sie geben ihr Eigeninteresse als Allgemeininteresse aus. Quelle des Übels sind also das naturferne Konkurrenzdenken und die „amour propre“. Im Gesellschaftzustand erwachen zudem die Vernunft, das bewusste Mitleid sowie auch die „widernatürliche“moralische Reflexion. Grundlage der Rousseau'schen Ethik ist nicht die Vernunft. Diese kann bestenfalls helfen, Vorteilhaftes und Unvorteilhaftes zu unterscheiden. Damit der Mensch aber auch gut handelt, bedarf es des Instinktes. Rousseau verwendet hier zwar den Begriff des christlichen „Gewissens“ und spricht gar von einer „angeborenen Liebe zum Guten“. Aber wie aus seinen Ausführungen im Émile hervorgeht, ist hier eine vorbewusste, gewissermaßen urweltliche Grundfähigkeit, eben der Instinkt, gemeint. Jemand, der gegen seinen Instinkt handelt, ist ein depravierter und unglücklicher Mensch. Die urwüchsige Selbstliebe zwingt uns geradezu, instinktgesteuert zu handeln, da sie die Befriedigung unserer Bedürfnisse verlangt. Rousseaus Denken zeichnet sich also dadurch aus, dass er nicht allgemeine ethische Regeln aufstellt, sondern zeigt, welches Interesse der Einzelne daran hat, „gut“ zu handeln. Eine Rückkehr in den Naturzustand schließt Rousseau ausdrücklich aus, auch wenn viele Kritiker, allen voran Voltaire, ihm dies vorhielten. Rousseau fragt vielmehr, wie in konkurrierenden Gesellschaften kollektives, Instinkt gesteuertes Handeln möglich werden kann. Dabei beschäftigt er sich nicht nur mit der Kunst der Aufzucht des Einzelmenschen, der Pädagogik, sondern auch mit der Theorie des an der Natur orientierten Staates.